Eine Freundin hat mir von ihrer sehr traurigen ersten Näherfahrung erzählt: Sie wollte einen karierten Rock nähen. Nachdem dieser fertig war, sah der aber leider gar nicht so aus, wie sie es sich vorgestellt hatte. Die Karos waren alle kreuz und quer über den Rock verteilt. An keiner der Teilungsnähte trafen die Linien des Karomusters aufeinander. Nach diesem frustrierendem Erlebnis hat sie dieses schöne Hobby nicht weiter verfolgt.
Damit niemand diese Erfahrung machen muss, habe ich diesen Beitrag verfasst. Ich gehe dabei auf die Besonderheiten ein, die beim Zuschneiden von Karostoffen beachtet werden sollten. Es wird vorausgesetzt, dass bereits bekannt ist, wie Stoffe zugeschnitten und Nahtzugaben berücksichtigt werden.
Zuschneiden
Für das Zuschneiden gibt es 2 Methoden: In der Literatur wird meistens empfohlen, dass der Stoff doppelt gelegt werden soll. Diese Methode ist sicherlich die schnellere. Bei anspruchsvolleren Mustern bevorzuge ich jedoch das Zuschneiden in einfacher Stofflage, weil ich dort einfach einen besseren Überblick habe, wie ich die einzelnen Schnitteteile auf den Stoffe auflege.
Zuschneiden bei doppelter Stofflage
Der Stoff wird gefaltet, so dass die Karos genau aufeinander liegen. An der offenen Kante lässt sich das gut überprüfen. Leider ist auf der Seite des Stoffbruchs nur schwer erkennbar, ob die beiden Stofflagen wirklich genau übereinander liegen. Insbesondere bei leichteren Stoffen verschiebt es sich beim Zuschneiden schnell ein wenig, so dass das Muster anschließend nicht mehr korrekt zusammengenäht werden kann.
Bei einigen Schnittmusterherstellern sind für die Verwendung karierter Stoffen Linien auf den Schnittmusterteilen aufgezeichnet. Diese helfen um die Schnittmusterteile exakt auf dem Stoff auszurichten. Es ist darauf zu achten, dass diese Linien überall an der gleichen Linie des Stoffes angelegt werden.
Bei meinem Wintelmantel habe ich die Linien für die Ausrichtung am Muster immer zwischen der roten Linie und der grauen Linie über der dicken grauen Linie plaziert. Sind solche Markierungen auf den Schnittmusterteilen nicht vorhanden, so können die einzelnen Teile auch an anderen markanten Punkten ausgerichtet werde, z. B. an Taillenmarkierungen oder auch an den unteren Punkten der Armausschnitte. Außerdem lässt sich am Saum gut überprüfen, ob die einzelnen Teile immer im gleichen Musterabschnitt enden. Wenn eine Teilungsnaht vorhanden ist, muss außerdem berücksichtigt werden, dass die oberen und unteren Teile so plaziert werden, dass die senkrecht verlaufenden Streifen aufeinandertreffen.
Zuschneiden bei einfacher Stofflage
Um die einzelnen Teile exakter auszurichten, bietet sich bei gemusterten Stoffen der Zuschnitt in einfacher Stofflage an. Dabei liegt die rechte Stoffseite oben und die Schnittmusterteile werden zunächst nur auf einer Hälfte des Stoffes (rechts oder links) platziert. Beim Ausrichten der Teile sind die Mustermarkierungen zu beachten (siehe oben).
Nach dem Zuschneiden der Teile werden diese rechts auf rechts auf die andere Hälfte des Stoffes gelegt. Beim Zuschneiden der gegengleichen Teile lässt sich so wunderbar erkennen, dass diese auf dem gleichen Musterabschnitt liegen.
Stecken für das Zusammennähen der einzelnen Teile
Wenn das Zuschneiden geklappt hat, ist das Nähen gar nicht mehr so schwierig. Kleinere Ungenauigkeiten können durch das korrekte Zusammenstecken vor dem Nähen außerdem nochmal ausgeglichen werden.
Um sicherzugehen, dass nach dem Nähen die einzelnen Linien exakt aufeinandertreffen, suche ich mir markante Stellen im Muster. Hier stecke ich die Teile aufeinander, wie in den beiden nachfolgenden Abbildungen zu sehen ist. Insgesamt ist mir dabei wichtiger, dass die Karos aufeinandertreffen, als dass die Schnittteile korrekt aufeinanderliegen. Das kann dazu führen, dass die Kanten an der ein oder anderen Stelle nicht genau aufeinandertreffen. Durch die Zugaben kann dies ausgeglichen werden, so dass im fertigen Kleidungsstück diese Unsauberkeit nicht zu sehen ist.
Das fertige Kleidungsstück
Bei meinem Wintermantel sind die Teilungsnähte am Rückenteil kaum zu erkennen, weil die Linien sehr gut aufeinandertreffen. Dadurch, dass ich hier einen recht flauschigen Stoff verwendet habe, hat sich das Ganze vielleicht auch etwas dankbarer verhalten als bei anderen Stoffen.
Wie du siehst, ist mit etwas Sorgfalt die Verarbeitung von Karostoffen aber auch nicht schwieriger als die Verarbeitung anderer Stoffe.
Viel Spaß beim Nähen!